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Wahlprüfsteine des Erlanger Mieterinnen- und Mietervereines zur Kommunalwahl 2014

1. Schaffung von zusätzlichem Wohnraum:

a. Wo und wie kann dieser geschaffen werden?

Kurzfristig setzen wir auf Aufstockungen und den Ausbau von Dachgeschossen, um Wohnraum zu schaffen ohne dass dabei weitere große Infrastrukturkosten (Straßen, Kanäle, etc.) entstehen. Vorrangig sollen dabei größere Wohnungen entstehen, die für Wohngemeinschaften und Familien geeignet sind. Eigentümern und Eigentümerinnen von geeigneten Häusern wollen wir hier schnell und unbürokratisch das notwendige Baurecht einräumen. Im Zuge solcher Baumaßnahmen streben wir neben der Schaffung von Wohnraum die energetische Sanierung dieser Gebäude an.

In Neubaugebieten (z.B. im Erlanger Westen), auf dem neuen Siemens Campus, durch Neubauprojekte und Sanierung von Quartieren (Sanierung durch Ersatzbau) der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GeWoBau, durch behutsame Nachverdichtung (z. B. Aufstockung bestehender Gebäude). Außerdem muss in Bebauungsplänen, insbesondere in der Innenstadt, von der Stadt ein möglichst hoher Anteil von Wohnungen vorgegeben werden. Ebenso wollen wir Genossenschafts- und alternative Modelle zur Finanzierung von selbstgenutztem Wohnraum fördern.

b. In welchem Verhältnis sollten dabei Geschosswohnungen und Eigenheime stehen?

Um die knappen Flächen, die in Erlangen zu Verfügung stehen, möglichst sinnvoll zu nutzen, wollen wir deutlich mehr Geschosswohnungsbau ermöglichen als bisher.

c. In welchem Verhältnis sollten Wohneigentum und Mietwohnungen geschaffen werden?

In Erlangen herrscht großer Mangel an bezahlbaren Mietwohnungen, insbesondere für Familien und Menschen mit niedrigen Einkommen. Daher werden wir besonders den Neubau von Mietwohnungen fördern.

d. Welche Maßnahmen halten Sie für geeignet, um die Wohnungsnot bei Studierenden, Auszubildenden und jungen Erwachsenen zu bekämpfen?

Wie unter a. geschildert zum einen durch Aufstockungen und den Ausbau von Dachgeschossen verbunden mit der Schaffung von WG-geeigneten (und damit günstigerem) Wohnraum.

Bei Neubau- und Sanierungsmaßnahmen muss der Bedarf dieser Gruppe eingeplant und umgesetzt werden. Kooperationen zwischen der GeWoBau und dem Studentenwerk, aber auch mit privaten Bauträgern sind hier denkbar. Auch beim Neubau setzen wir nicht nur auf Einzimmerapartments, sondern auch auf die Schaffung größerer Wohneinheiten.

Ganz konkret wollen wir im Rahmen der Sanierung der Berufsschule auf diesem Gelände Wohnraum für Berufsschüler und Auszubildende schaffen.

e. Welche Rolle soll die Gewobau spielen?

Als städtische Wohnungsbaugesellschaft kann die GeWoBau in Kooperation mit der Stadt gerade dort Wohnungen bauen und vermieten, wo besonders dringend bezahlbare Wohnungen gebraucht werden. Dafür muss die Sozialverpflichtung der GeWoBau erhalten bleiben. Gleichzeitig muss der Bestand der GeWoBau-Wohnungen gesichert werden, bei Modernisierungen müssen die Bewohner_innen einbezogen werden. Um die Mietsteigerungen bei energetischen Sanierungen zu begrenzen, sind Zuschüsse durch die Stadt dafür im Einzelfall zu gewähren.

f. Welche besonderen Anforderungen an Wohnraum sollten berücksichtigt werden (z. B. barrierefreie / seniorengerechte Wohnungen, flexible Grundrisse,…)

Wohnraum ist mehr als das Dach über dem Kopf. Gut und bezahlbar zu wohnen ist wesentlicher Teil einer zufriedenstellenden Lebensgestaltung. Ziel einer sozialen Wohnungspolitik muss es daher auch sein, den Menschen das Verbleiben in ihrer vertrauten Wohnung und in ihrem gewohnten Umfeld solange sie es wollen und können zu ermöglichen. Künftige Bau- und Sanierungsmaßnahmen müssen sich stärker als bisher an Teilhabe und demografischem Wandel orientieren. Barrierefreiheit soweit wie möglich - besonders bei Neubauten - muss die Regel werden. Darüber hinaus ist zu achten auf flexible Grundrisse, die ohne großen Aufwand an sich ändernde Bedürfnisse angepasst werden können. Wohnen in Wohngemeinschaften soll dadurch besser ermöglicht und gefördert werden. Weitere Stichworte sind: Bereitstellung von Räumen zur Förderung von Nachbarschaftshilfe, Freiflächen, die gemeinsam gestaltet und genutzt werden können, und ein sicheres Wohnumfeld. Wir setzen uns dafür ein, beim Planen und Bauen die Bedürfnisse von Frauen und Familien besonders zu berücksichtigen. Die in der Stadt aktiven Beratungsgremien (z.B. Mieterbeirat der GeWoBau, Seniorenbeirat, Behindertenforum, Agenda 21-Beirat, Kinderbeauftragte u.a.) sollen in die Sanierung und Planung von Wohnquartieren mehr als bisher einbezogen werden.

g. Welche Anforderungen gelten für das Wohnumfeld?

In neuen Wohngebieten muss von Anfang an die soziale Infrastruktur (Kinderbetreuung, Freizeitangebote, u. a.) mitgeplant und rasch umgesetzt werden. Eine generationenübergreifende Nutzung der sozialen Infrastruktur im Stadtteil muss dabei sichergestellt werden. In bestehenden Wohnquartieren bzw. in Sanierungsgebieten muss dahingehend „nachgebessert“ werden. Zuletzt ist das beispielhaft gelungen beim Abriss und Neubau des Stadtteilhauses in der Isarstraße. Dieses wird inklusiv, interkulturell und generationenübergreifend genutzt. Darüber hinaus setzen wir uns für verkehrsberuhigte und weitgehend autofreie Stadtquartiere ein, in denen Spielplätze und Freiflächen ausreichend Raum bieten. Die Anbindung an das Radwegenetz und den öffentlichen Nahverkehr ist für uns unverzichtbar.

2. Sicherung bezahlbaren Wohnraums für Alle

a. Sprechen Sie sich für den Einsatz von Erhaltungssatzungen und der Zweckentfremdungsverordnung aus?

Ja. Wir wollen diese Instrumente nutzen, um die Umwandlung in Eigentumswohnungen und gewerbliche Nutzungen so weit möglich einzudämmen. Die Zweckentfremdungsverordnung soll wieder eingeführt werden, Wohnungsbestand durch Erhaltungssatzungen geschützt werden.

Wir sind uns jedoch bewusst, dass diese Instrumente nur bedingt geeignet sind bezahlbaren Wohnraum zu sichern, da sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen verschlechtert haben. Wo diese Instrumente nicht ausreichen bzw. nicht greifen, muss im Dialog mit den Eigentümern der Liegenschaften versucht werden, einvernehmliche Lösungen zu finden. Der Erhalt von bezahlbarem Wohnraum hat Vorrang vor Marktorientierung und Gewinnmaximierung.

Die Stadt sollte zudem soweit möglich Vorkaufsrechte nutzen, um Spekulation zu verhindern und die erworbenen Wohnungen an die Bewohner_innen vermieten oder günstig verkaufen. Sanierungsbedürftige Wohnungen wollen wir auch an Mieter_innen vergeben, die in Selbsthilfe die Modernisierung übernehmen wollen.

b. Halten Sie den Ankauf von Belegungsrechten für sinnvoll? Wenn ja, in welchem Umfang?

Belegungsrechte bieten der Stadt die Möglichkeit, Menschen mit geringem Einkommen angemessen unterzubringen. Diese bisher erfolgreiche Praxis sollte in Kooperation mit der städtischen GeWoBau und soweit möglich auch mit anderen Wohnungsgesellschaften fortgesetzt werden, da in den nächsten Jahren für viele Sozialwohnungen die Sozialbindung ausläuft.

Ein ähnliches Modell halten wir auch für die Unterbringung von Flüchtlingen für geeignet. So könnte diesem Personenkreis dezentral in allen Stadtteilen angemessener Wohnraum zur Verfügung gestellt werden. In Abstimmung mit dem Freistaat Bayern wollen wir ein solches Modell entwickeln und in Erlangen einführen.

c. Wie stehen Sie zur Umzugsverpflichtung für ALGII-Empfänger/innen bei zu hoher Miete?

Das sollte soweit wie möglich vermieden werden. Dazu müssen die Mietobergrenzen angehoben werden. Viele der Umzugsverpflichtungen laufen heute bereits ins Leere, da an günstigem Wohnraum in Erlangen akuter Mangel herrscht. Unabhängig davon muss jeder Fall sorgfältig individuell geprüft werden.

c. Wie können Investitionen in Energiesparen und Lärmschutz gefördert werden?

Zum Beispiel durch städtische Zuschüsse für die Modernisierung von Altbauten, kombiniert mit Beratungsangeboten, wie wir sie bereits in Haushaltsanträgen gefordert haben. Des Weiteren durch das bereits geschilderte Verfahren, Baurechtsgewährung für Aufstockungen gegen Energetische- oder auch Lärmsanierung

d. Wie stehen Sie zum Verkauf von GeWoBau-Wohnungen, einer Teil-)Privatisierung der GeWoBau und zur Anwendung der Kostenmiete für alle GeWoBau-Wohnungen?

Daseinsvorsorge gehört in kommunale Hände und damit in die Hände der Bürgerinnen und Bürger. Den Verkauf von GeWoBau-Wohnungen lehnen wir ebenso ab wie eine Teilprivatisierung der GeWoBau, die ein wichtiges Instrument sozial integrativer kommunaler Wohnungspolitik ist.


e. Welche Kontrollen bzw. Sanktionsmaßnahmen wollen Sie gegen Missbräuche auf dem Wohnungsmarkt (z. B. überhöhte Mieten, Entmietungen, Luxussanierungen) einführen und anwenden?

Die Zweckentfremdungsverordnung (durch CSU/FDP/FWG 1998 abgeschafft) ist wieder einzuführen und dann auch konsequent anzuwenden, planerische Instrumente (Bundesbaugesetzbuch) sind ergänzend zu nutzen. Die Bebauungspläne für die Innenstadt müssen einen möglichst hohen Anteil an Wohnnutzung vorschreiben ohne Versorgungsfunktionen einzuschränken, damit sowohl der Erhalt vorhandener Wohnungen als auch das Entstehen neuer (privater) bei Neu- und Umbauvorhaben sichergestellt ist. Für Geschosswohnungen aus den 50er und 60er Jahren (Außer GeWoBau) sind Erhaltungssatzungen wenn geeignet zu erlassen, um die Bewohnerinnen und Bewohner – im Rahmen der städtischen Möglichkeiten – vor Verdrängung durch Abbruch oder Luxusmodernisierung preiswerter Altbauwohnungen zu schützen.

Die Stadt muss darauf hinwirken – und fordert entsprechende gesetzliche Regelungen dafür ein – dass die notwendige energetische Sanierung des Wohnungsbestandes nicht spekulativ zur Verdrängung der bisherigen Mieterinnen und Mieter und der Durchsetzung erheblich erhöhter Mieten genutzt werden kann. Der Erwerb von Wohngebäuden durch Spekulanten mit der drohenden Folge, dass die Bewohnerinnen und Bewohner durch Luxusmodernisierung, Umwandlung in Einzimmerappartements oder Abbruch verdrängt werden, muss soweit möglich verhindert werden. Durch Ausdehnung der städtischen Vorkaufsrechtssatzung soll die Stadt dort, wo es sinnvoll ist, selbst Eigentümerin dieser Wohngebäude werden.


f. Wie können die Mieter/innen der GBW-Wohnungen nach dem Verkauf geschützt und unterstützt werden?

Der beste Schutz der GBW-Mieter_innen wäre der Ankauf der GBW-Wohnungen durch den Freistaat und die sukzessive Abgabe zu fairen Preisen an kommunale Wohnungsunternehmen gewesen. Stattdessen hat es eine Mehrheit aus CSU und FDP im bayerischen Landtag unter Vorschieben falscher Behauptung dahin gebracht, dass das Grundrecht auf bezahlbaren Wohnraum zum Spekulationsobjekt einer Vereinigung von Heuschrecken geworden ist. Bei den ersten Weiterverkäufen, die derzeit stattfinden, wird nicht nur die Sozialcharta ad absurdum geführt; es wurde seitens der Eigentümerin außerdem den Kommunen unmöglich gemacht, ihr formal in der Sozialcharta verankertes Vorkaufsrecht auszuüben. Hier müssen die betroffenen Mieter_innen und vor allem die Kommunen auch weiterhin mit allem Nachdruck vom Freistaat fordern, dass er bei künftigen Weiterverkäufen die Städte dabei unterstützt, GBW-Wohnungen doch noch zu erwerben. Über das bestehende Baurecht muss versucht werden, profitorientierte Luxussanierung oder stadtunverträgliche Nachverdichtung zu verhindern. Trotzdem muss festgestellt werden: Derzeit ist es der Stadt Erlangen nicht möglich, die Mieter_innen unmittelbar und direkt zu schützen. Als Zeichen der Solidarität mit den GBW-Mieter_innen ist es jedoch auch über den Wahltag hinaus erforderlich, dass sich Stadtspitze und Stadtrat kritisch und unmissverständlich zu den skandalösen Heuschrecken-Praktiken positionieren.

Das Amt für Soziales und Wohnen hat sich auf Antrag der SPD-Fraktion dazu bereit erklärt, die Mieter_innen dabei zu beraten, ob sie Anspruch auf Wohngeld haben bzw. welche Wohnungsalternativen zur Verfügung stehen. Falls es sich in Einzelfällen herausstellt, dass ein Wohngeldanspruch nicht besteht, jedoch die Finanzierung der Miete wegen der derzeit vom neuen Eigentümer verordneten Erhöhung dennoch nicht mehr zu zahlen ist, muss vom Freistaat die Einrichtung eines Härtefonds verlangt werden.


g. Wie wollen Sie der Diskriminierung von Migranten/innen und sozial Schwachen auf dem Wohnungsmarkt entgegenwirken?

Die zwei wichtigsten Voraussetzung zur Vermeidung von Diskriminierung sind die Bereitstellung von genügend preiswertem Wohnraum und eine ausgewogene und gleichberechtigte Belegung, d.h. Migrant_innen und sozial Benachteiligte dürfen nicht benachteiligt werden. Ghettobildung darf nicht stattfinden. Die Stadt Erlangen ist hier mit der GeWoBau auf dem richtigen Weg. Das Miteinander der Mieter_innen muss unterstützt werden durch eine ausreichende Zahl von Hausmeister_innen mit interkultureller Kompetenz, durch Mieterbetreuung über möglichst interkulturell besetzte Stadtteilbüros sowie durch Unterstützung und Förderung des Mieterbeirates. Durch eine integrationsfördernde Öffentlichkeitsarbeit von Stadtrat und Verwaltung soll darauf hingewirkt werden, dass auch bei den privaten Anbietern auf dem Wohnungsmarkt eine Sensibilisierung zur Verhinderung von Diskriminierung stattfindet.

3. Für welche wesentlichen Änderungen im Bereich Wohnungspolitik und Mieterrechte setzen Sie sich auf Bundes- und Landesebene ein?

Wir fordern eine umfassende Reform des Bodenrechts, damit auch künftig Bauland für den Eigenheim- und Mietwohnungsbau zu tragbaren Preisen zur Verfügung gestellt werden kann.

Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus muss deutlich verstärkt werden.

Wohngeld ist an die Entwicklung des Mietpreisindexes zu koppeln.

Die Rechte von Mietern und Mieterinnen z. B. beim Verkauf von Wohnungen müssen gestärkt werden. Wir setzen uns für die Begrenzung von Mieterhöhungen ein.

Mietern und Mieterinnen soll das Recht auf Wahl eines Mieterbeirates gesetzlich gesichert werden.